WERKSLOGISTIK
Einfach da sein, ohne aufzufallen
1.800 Einzelteile hat eine Waschmaschine. In der Produktion muss jedes zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Eine logistische Mammutaufgabe – ideal für den Einsatz von KI.
Dinge, die jeder täglich ganz selbstverständlich benutzt, nimmt kaum jemand bewusst wahr. Das gilt vor allem für das Handy, aber auch für Haushaltsgeräte. Spülmaschine, Waschmaschine, Trockner, Staubsauger, Backofen und Kühlschrank erleichtern täglich den Alltag. Erst wenn sie defekt sind oder fehlen, fallen sie auf. Diese Erfahrung machen auch die Hersteller von Haushaltsgeräten. Bei ihnen geht es allerdings um tausende von Einzelteilen, aus denen Wasch- und Spülmaschinen bestehen. Um sie in der richtigen Reihenfolge montieren zu können, müssen sie zuvor zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle in der Produktion ankommen. Fehlt hier ein Teil, steht im schlimmsten Fall die Produktion still. Und erst dann fällt auf, wie groß die Bedeutung einer funktionierenden werksinternen Logistik ist. Softwaresysteme auf Basis von Künstlicher Intelligenz helfen Unternehmen dabei, den Materialfluss bis hin zur Produktion störungsfrei zu halten. So vermeiden sie ungewünschte Auffälligkeiten durch fehlendes Material.
Die Werkslogistik besteht aus zwei Prozessen: externe Materialanlieferungen und interne Materialtransporte. Im Bereich der externen Materialanlieferungen müssen große Hersteller täglich über 100 Lkw abfertigen. Hinzu kommen je nach Größe eines Werks mehrere hundert interne Transporte, um Material vom Lager in die Produktion zu liefern.
Erst wenn ein Teil in der Montage fehlt, fällt auf, welche Bedeutung die werksinterne Logistik hat.
Externe Anlieferlogistik: eine Frage der richtigen Reihenfolge
Die Herausforderung der Anlieferlogistik besteht darin, die ankommenden Lkw zügig im Werk zu entladen. Dazu muss vor allem das Personal mit dem richtigen Gerät an der richtigen Stelle rechtzeitig zur Verfügung stehen. Zudem sind die Lkw-Verkehre vor und im Werk so zu organisieren, dass keine Staus entstehen. Darüber hinaus soll die Abwicklung effizient vonstatten gehen, also Mitarbeiter, Transportmittel und die Ladestellen gleichmäßig ausgelastet sein. Für einen reibungslosen Ablauf ist es daher vor allem wichtig, genau zu wissen, wann welcher Lkw welches Material anliefert. Hierzu vergeben die Hersteller Zeitfenster und berücksichtigen dabei bereits sämtliche Rahmenbedingungen, die eine zügige Abwicklung beeinflussen: Wann wird die Fracht benötigt? Wie viele Lkw sind an welchen Laderampen zu entladen? Wie viele Lkw können sich zeitgleich im Werk bewegen? Und wie viele Mitarbeiter und welche Ressourcen stehen wann zur Verfügung? Die vielen Bedingungen gleichzeitig im Blick zu haben und daraus eine auf die Gesamtsituation abgestimmte optimale Vergabe der Anliefertermine zu berechnen, gelingt nur mit Software auf Basis von KI und mathematischer Optimierung.
Sie haben mehr KI im Haushalt, als Sie denken!
Wussten Sie, dass viele Haushaltsgeräte mit KI gesteuert werden? Bei einer Waschmaschine misst sie die Wäschemenge sowie den Verschmutzungsgrad und optimiert daraufhin die benötigte Wassermenge und die Drehzahl beim Schleudern. Auf diese Weise verbraucht die Maschine weniger Wasser und Strom. Zudem unterstützt KI den Alltag des Nutzers durch personalisierte Programmvorschläge, automatisierte Reinigungsprozesse und leicht verständliche Fehlermeldungen.
Entscheidend ist die Echtzeitoptimierung
Sobald ein Lkw im Werk eintrifft, berechnet eine solche Software außerdem die optimale Durchlaufreihenfolge sämtlicher derzeit im Werk befindlicher Lkw. Das System kennt dazu neben dem geplanten Liefertermin jederzeit den aktuellen Status aller Ressourcen. Auf Basis dieser Informationen erhalten die Lkw-Fahrer genaue Anweisungen darüber, zu welcher Ladestelle sie in welcher Reihenfolge fahren sollen. Ganz entscheidend ist hierbei die Echtzeitoptimierung. Denn trotz einer guten Vorplanung kann niemand verhindern, dass Lkw aufgrund unvorhergesehener Ereignisse wie Staus oder Pannen zu spät kommen. In diesem Fall berechnet die KI innerhalb weniger Sekunden einen neuen Abfertigungsplan für die veränderte Situation. Dies geschieht immer unter Berücksichtigung sämtlicher Parameter wie der Auslastung der Stand- und Rampenplätze, dem aktuellen Stand der Ladevorgänge oder möglichen Prioritäten von Ladungen. Ein Mensch alleine wäre hier niemals in der Lage, in der geforderten Geschwindigkeit diese Aufgabe zu bewältigen. Dennoch behält er das letzte Wort. Denn die Disponenten können jederzeit manuell in die Planung eingreifen und die vom System getroffenen Entscheidungen nach eigenem Ermessen übersteuern.
Jeden Tag gibt es gibt Millionen von Möglichkeiten, aber nur eine, die unter Beachtung sämtlicher Rahmenbedingungen einen reibungslosen Materialfluss sicherstellt. Jeden Tag suchen daher Disponenten die berühmte Nadel im Heuhaufen – und finden sie dank KI auch!
Interne Transportorganisation: eine Frage der richtigen Zuteilung
Nicht minder komplex ist auch die interne Transportorganisation. Sie zeichnet sich dadurch aus, nach einer entsprechenden Anforderung aus der Produktion das richtige Material zur richtigen Zeit in der richtigen Menge an die richtige Stelle zu liefern. Dabei gilt es, bei jeder neuen Materialanforderung zu entscheiden, welcher Fahrer mit welchem Fahrzeug einen Transportauftrag durchführt. Pünktlichkeit ist dabei nur ein Kriterium. Darüber hinaus sollen alle Fahrzeuge gleichmäßig ausgelastet sein und möglichste kurze Wegstrecken unter Vermeidung von Leerfahrten zurücklegen. Für die Zuteilung der Transportaufträge bedeutet dies, dass nicht immer der nächstbeste Stapler einen Auftrag erhält, sondern derjenige, an den sich ein Folgeauftrag am besten anschließen lässt.
Eine gute Werkslogistik ist wie eine gute Waschmaschine: Sie ist da, verrichtet ihren Dienst und fällt nicht weiter auf.
Schon diese Rahmenbedingungen machen bei über 100 Transportaufträgen am Tag die Disposition so komplex, dass ein Mensch allein damit überfordert wäre. Deshalb setzen Unternehmen auch hierfür auf Software mit intelligenten Optimierungsalgorithmen. Häufig handelt es sich hierbei um selbstlernende Algorithmen. Damit kann die Software sogar Transportaufträge berücksichtigen, noch bevor sie getätigt werden. Weiß das System etwa, dass der Transport von bestimmtem Vorratsmaterial immer um 16 Uhr erfolgt, und könnte dieser Auftrag bereits am Vormittag erledigt und dadurch eine Leerfahrt vermieden werden, fällt der Algorithmus diese Entscheidung eigenständig im Hintergrund.
VIDEO: KI IM ALLTAG
Werkslogistik
Unsere Kollegin Jennifer Stead, AI Catalyst bei INFORM; erklärt in diesem Video, wie KI Hersteller von Haushaltsgeräten dabei unterstützt, ihre Werkslogistik zu organiseren.
KI findet die Nadel im Heuhaufen
Betrachtet man die Werkslogistik großer Hersteller von Haushaltsgeräten mathematisch, dann ergibt sich täglich eine schier unendlich große Zahl an Reihenfolgen, in der man alle anfallenden Aufgaben abwickeln könnte. Schon bei 10 Transportaufträgen kann die Anzahl der möglichen Reihenfolgen bei über 3 Millionen liegen. Die Kunst ist es, herauszufinden, welche unter ihnen diejenige ist, die unter Beachtung sämtlicher Rahmenbedingungen einen reibungslosen Materialfluss sowie eine effiziente Abwicklung sicherstellt. Bei dieser logistischen Mammutaufgabe suchen Disponenten jeden Tag nach der berühmten Nadel im Neuhaufen – und finden Sie dank KI auch. Herstellern von Haushaltsgeräten geht es daher in puncto interne Logistik so, wie den Verbrauchern mit einer Waschmaschine. Sie ist da, funktioniert und fällt dabei nicht weiter auf.